Dienstag, 21. Januar 2014

Von der Stamford Bridge zur Bielefelder Alm

VON JAWIN SCHELL:

Ob Freddy Adu, Javier Portillo, Marat Izmailov oder auch Lars Ricken. Die Liste der angeblichen Jahrhunderttalente, die, mit jeder Menge Vorschusslorbeeren bedacht, schon  kurzer Zeit später als Kaderfüller nur noch kleine Brötchen backen durften, ist ellenlang. Auch der Israeli Ben Sahar, 24, arbeitet schon seit längerem mit Vehemenz daran, einen ähnlich erfolgreichen Weg einzuschlagen.

 Im WM-Jahr 2006 wechselte der damals 16-Jährige nach zweimonatigem Probetraining in die Jugendabteilung des Chelsea F.C. Für Sahar, der zu jener Zeit in seinem Heimatland bereits als große Hoffnung auf den nächsten israelischen Weltstar nach Uri Geller galt, ging es dann zunächst auch beim Lieblings-Spielzeug des russischen Öl-Magnaten Roman Abramowitsch steil bergauf. Dank starker Auftritte im Reserveteam, verschaffte ihm Chelseas Erfolgscoach José Mourinho auch einige Einsätze im Profikader. Spätestens zu dieser Zeit handelte man Sahar an der Stamford Bridge und auch im restlichen Europa als "the next big thing in football."

Gestern verkündete dann Zweitligist Arminia Bielefeld den Wechsel des 30-fachen israelischen Nationalspielers bis zum Sommer an die Bielefelder Alm. Zwar gehört die Arminia zu den traditionsreichsten Vereinen im deutschen Profifußball, aber das Engagement des Offensiv-Allrounders bei den Ostwestfalen wirft dann doch zumindest eine Frage auf: Was ist in der Zwischenzeit bloß passiert?

Sahars Karriere bei den "Blues" geriet jedenfalls schon früh ins Stocken. Die überzogenen Erwartungen des Umfelds konnte der junge Israeli aus der Industriestadt Cholon südlich von Tel Aviv, im Konkurrenzkampf mit den Londoner Platzhirschen nicht erfüllen. Sahar blieb 2007 im Kampf um die, für Talente so wichtige, Spielzeit nur die Ausleihe zu den Queenspark Rangers.

Dass diese Flucht aus der Kader-Bedeutungslosigkeit, ein seine weitere Profikarriere prägendes Muster sein würde, dürfte dem pfeilschnellen Außenspieler damals noch nicht klar gewesen sein. Heute, leidvolle sieben Jahre später, stehen für ihn insgesamt 17 Transfers zu Buche. Bei acht Vereinen in sechs Ländern, versuchte er sein Glück. Zuletzt bei Hertha BSC Berlin, auch hier mit mäßigem Erfolg. Beim Hauptstadtclub wurde der trainingsfleißige Israeli in der ersten Bundesliga noch überhaupt nicht eingesetzt, in der  Nationalmannschaft spielt er seit seinem Wechsel nach Deutschland keine Rolle mehr.

 Jetzt also die sechsmonatige Ausleihe zu den Arminen. Der absolute Tiefpunkt, ein finaler Nackenschlag? Keineswegs, zwar erscheint Sahar, in Anbetracht der in Aussicht gestellten Weltkarriere, der harte Zweitliga-Alltag bestimmt nicht gerade wie das gelobte Land, aber der Schritt zurück könnte sich für das ehemalige Jahrhunderttalent, als Vorbereitung eines großen Schrittes nach vorne erweisen. Denn Sahar, der im August 25 wird, befindet sich noch im besten Fußballeralter, auch seine hervorragende Grundschnelligkeit und Abschlußstärke sind ihm nicht abhanden gekommen.

 Sollte dem Israeli, von Bielefelder Seite, das in Berlin trotz guter Ansätze fehlende Vertrauen entgegengebracht werden, könnte es sein, dass  einige Zweitligaverteidiger noch verstehen werde, warum Ben Sahar einst als das größte Talent Israels galt.

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